Nachbarn

by Alphatier, © 2014*

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nosex, slow, F/f, f-solo, humil

2010. Für ein Praktikum in Hamburg und mit einer unglücklichen Beziehung im Nacken, will die junge Studentin Julia ihre neuen Obermieter auf deren zu große Lautstärke hinweisen. Sie ahnt nicht, dass die jungen Frauen der WG keine gewöhnlichen Bewohner sind und bald mehr Interesse an Julia zeigen. - Hinweis: Die Story ist eine alternative Entwicklung zu Die Sammlerin.

1. Julia

Julia wälzte sich entnervt auf die andere Seite ihres Bettes. Zum tausendsten Mal. Aber das Reden und Lachen der drei Frauen war weiterhin genauso vernehmbar wie zuvor. Es war halb zwei morgens und ihre neuen Obermieter schienen keine Anstalten zu machen, bald ins Bett zu gehen. Im Gegenteil, sie waren nachts sogar am aktivsten. Gegen zehn Uhr, wenn die junge Studentin ins Bett ging, begann über ihr das Leben. Oder die Arbeit, wie sie insgeheim vermutete.
Denn Julia war fest davon überzeugt, dass ihre drei oder vier - genau wusste sie es gar nicht - Obermieter Vertreter des horizontalen Gewerbes waren.
Prostituierte.
Sie waren vor etwa drei Wochen eingezogen, und Julia hatte gedacht, dass sich der Stress nach dem ersten Umzugslärm und einer Gewöhnungsphase legen würde, aber es hatte sich stattdessen ein Rhythmus eingepegelt, der kaum einen Zweifel mehr ließ.
Tagsüber hörte man kaum etwas und gegen zehn begann der Lärm über ihr. Es war nicht mal so laut, und es waren auch keine eindeutigen Sexgeräusche oder Männerbesuch, der ihren Unmut und Verdacht ausgelöst hatte. Aber eine handvoll recht hübscher Singlefrauen, die selbst am Wochenende die Nacht wach zu Hause verbrachten, und dass immer wieder eine von ihnen zum Telefon stürzte, und danach für eine Weile das Haus verließ, waren ihr Indizien genug.
Und im Prinzip war es ihr ja egal. Nicht, dass der Gedanke an Prostitution ihr persönlich nicht widerwärtig war, doch am schlimmsten war der Lärm. Die Frauen schwatzten und lachten die ganze Zeit. Sie rannten mit - vermutlich - Stiefeln oder zumindest Straßenschuhen durch die nur mit abgezogenen Dielen versehene Wohnung, rückten dauernd Möbel hin und her, oder man hörte wie sie nachts um halb vier eine Luftmatratze aufpumpten. Erst um halb fünf legten sich die Frauen ins Bett und es kehrte Ruhe ein.
Julia presste ärgerlich Luft durch die zusammengebissenen Zähne und klemmte ihr Kopfkissen über beide Ohren. Das konnte so nicht weitergehen. Nachdem sie all ihren Mut zusammengenommen hatte, war sie bereits letzte Woche oben gewesen, weil das Radio zu laut gewesen war und der Bass durch die Decke schallte. Doch da hatte Julia noch nicht gewusst, dass mehrere Frauen eingezogen waren und um was für Leute es sich handelte. Die Frau, die ihr geöffnet hatte - eine moderat attraktive Brünette Mitte dreißig -, war sogar sehr freundlich gewesen und hatte sofort Abhilfe versprochen. War ich zu laut, Kleines? Tut mir leid, es kommt nicht wieder vor, hatte sie gesagt und sofort das Radio ausgemacht.
Und jetzt das. Julia wusste nicht, was sie tun sollte. Einerseits war die Frau sehr nett gewesen und sie hatte seit dem auch keine Musik mehr gehört, anderseits war ihr Verhalten seit dem nur noch nervig.
Eigentlich hätte sie sofort hochgehen wollen, doch seit dem sie zu wissen glaubte, dass es Prostituierte waren, traute sie sich nicht mehr so recht. Welche Frau rannte nachts um halb zwei im grauen Snoopy-Pyjama zu einer Gruppe von Frauen aus dem Rotlichtmilieu hoch, die im Schnitt fünf bis zehn Jahre älter waren als sie.
Sie hatte auch schon überlegt, dem Vermieter zu schreiben, doch sie hatte in dem fast völlig entmieteten Haus keine weiteren Zeugen und außerdem hatte der Vermieter, ein schmieriger Immobilienhai aus Berlin, indirekt bereits mehrfach bekundet, dass sie doch gerne ausziehen könne. Es war ganz offensichtlich, dass er sie hier raus haben wollte, um das Haus nach dem altbekannten Schema "billig-sanieren-teuer-verkaufen" als krisenfestes Spekulationsobjekt zu nutzen. Und sie wäre auch gern gegangen, doch bei den wahnsinnigen Mieten sah Julia keine Alternative. Ganz Hamburg war wie leergefegt von günstigen Wohnungen und sie war froh, dass sie den Mietvertrag mit dem vorigen Vermieter überhaupt noch hatte abschließen können, bevor der Seitenflügel der heruntergekommenen Mietskaserne im Stadtteil Harburg verkauft worden war. Julia hatte sich gefragt, warum er ihr die Wohnung überhaupt noch vermietet hatte - auch wenn es nur für die Dauer des Praktikums war -, doch die junge Blondine war sich sicher, dass ihr attraktives Äußeres dabei eine gewisse Rolle gespielt hatte. Sie hatte es wirklich nicht darauf angelegt und es war ihr superpeinlich gewesen, aber warum sollte man einen Vorteil nicht nutzen, wenn man ihn hatte.
Sie lächelte gequält und blickte nach oben, wo gerade wieder laute Schritte die Decke erbeben ließen. Das war wohl die Strafe dafür, dachte sie in einer Mischung aus Resignation und Belustigung. Sie hätte gewettet, dass der neue Vermieter, ihr diese speziellen Nachbarn direkt vorgesetzt hatte, um sie hier rauszuekeln. Sie hatte seinen Namen gegoogelt, Boris Mahler, und eine Reihe von entmutigenden Berichten zu seinen halblegalen Geschäftsmethoden entdeckt.
Blieb noch die Möglichkeit, sich an Polizei oder Ordnungsamt zu wenden, aber beides schien ihr etwas zu hart als Maßnahme und außerdem versagte ihr bei Telefonaten mit fremden Personen häufig die Stimme. Zumindest hatte sie ständig diese Befürchtung und außerdem war sich die junge Studentin auch nicht sicher, ob die Lautstärke überhaupt ausreichte, um einen solchen Einsatz zu rechtfertigen.
Was war, wenn die Beamten genau dann kamen, wenn Ruhe herrschte. Ihre Obermieter lärmten nicht kontinuierlich und man konnte nie vorhersagen, wann es Lärm gab oder nicht. Das einzige, was sicher war, war das es irgenwann passierte.
Sie wälzte sich mit einem Seufzen wieder auf die andere Seite, als ein leises Lachen durch die Decke drang und diesmal war es mehr Frustration als das tatsächliche Gefühl gestört zu sein. Wie sollte sie das nur aushalten, wenn ihre Praktikumsfirma nächste Woche ihre Betriebsferien beendete und sie wieder arbeiten musste. Sie war schon drei Semester überfällig und konnte sich keine weiteren Verzögerungen mehr leisten.
Sie hätte natürlich ihre Eltern wegen finanzieller Unterstützung fragen können. Beide verdienten mit ihrer Zahnarztpraxis gut genug dafür, aber Julia wollte endlich alleine zurecht kommen. Sie hatte die ganzen Studentenjobs und Praktika satt, und sie war froh, dass ihr jetziges Praktikum in einer kleinen Werbeagentur das letzte sein würde.
Für eine Sekunde wurde sie schwermütig und ein seltsames Gefühl kroch vom Bauchnabel ausstrahlend über ihren Körper. Es ging bis in ihre Brustwarzen und ihren Schritt.
Sie dachte an Mario.
Ihren Exfreund.
Ein halbes Jahr war es her, drei Tage bevor ihr Praktikum begonnen hatte, seit sie zufällig herausgefunden hatte, dass er sie über Monate mit ihrer besten Freundin betrogen hatte. Sie hatte vor der Fahrt nach Hamburg, noch ihre Eltern in Schwerin besuchen wollen, doch sie hatte ihre Papiere vergessen gehabt und war nach einer Stunde Fahrzeit umgekehrt. Sie erinnerte sich traurig, wie sie ihn mit Juliane, mit der sie ihre Berliner WG geteilt hatte, in deren Bett entdeckt hatte. Etliche, für sich genommen, unverdächtige Puzzleteile hatten sich auf einmal zusammengefügt. Die falschen Zigaretten, der "falsche" Geruch und nicht zuletzt sein Beharren, sie in Berlin zu verabschieden, anstatt in Schwerin, wo er eigentlich wohnte und arbeitete.
Für einen Moment war sie wie vom Donner gerührt gewesen und es war ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen. Doch in der Realität war alles sehr schnell gegangen.
Wenigstens hatte er nicht versucht, zu leugnen und Ausreden zu finden. Und sie war einfach in ihr Zimmer gegangen und hatte sich eingeschlossen. Erst hatte er versucht, mit ihr zu reden, dann beide, dann wieder er. Zuletzt noch einmal Juliane.
Umsonst.
Für sie war unverzeihlich, was passiert war und auch wenn sie ihn immer noch wahnsinnig vermisste und ihr Körper, so wie jetzt, nach ihm verlangte, wusste sie, dass es kein Zurück mehr gab.
Julia merkte, wie ihr eine Träne langsam über die Wange lief. Ausgerechnet er war es gewesen, der die Anzeige der Werbeagentur gefunden hatte und ihr damals stolz den Link per Mail gesendet hatte. Sie hatte im ersten Affekt überlegt, ob sie das Praktikum deswegen abbrechen sollte, aber die Chance, durch das Praktikum in Hamburg Distanz zu gewinnen, hatte sie sich schließlich nicht entgehen lassen wollen.
Der Abstand hatte ihr gutgetan. Nicht, dass die trüben Gedanken verschwunden wären, aber es war besser geworden und seit dem Ärger mit ihren neuen Nachbarn, sogar noch seltener. Heute jedoch dachte sie so intensiv wie lange nicht mehr an Mario und sie wusste, dass es nur einen einzigen Weg gab, um etwas Entspannung zu finden.
Sie fuhr langsam mit ihrer Hand zu ihrem Schritt und begann zu masturbieren.



2. Anja

Julia war gegen zehn Uhr morgens aufgewacht und hatte den Tag mit einer Dusche begonnen. Sie mochte das Gefühl, wenn die warmen Tropfen über ihre etwas blasse Haut prasselten und hatte länger geduscht, als es nötig gewesen war. Neben Schokolade war Duschen ihre liebste Entspannungsmethode. Und zur Zeit brauchte sie viel Entspannung und es kostete sie Überwindung den Wasserhahn abzudrehen und die kleine Duschkabine zu verlassen.
Wenig später war sie angezogen und überlegte, was sie machen sollte. Es gab nichts zu tun für die Arbeit und sie hatte hier in Hamburg keine Kontakte geknüpft. Sie hatte sich einige Male mit ihrer Chefin getroffen, aber eigentlich war sie froh gewesen, hier kein gesellschaftliches Leben mit all den daraus resultierenden Verpflichtungen zu haben.
Und solange sie die Arbeit abgelenkt hatte, von der sie - als einzige Mitarbeiterin in der Werbeagentur - mehr als genug hatte, hatte es auch keine Probleme gegeben. Als ihre Chefin jedoch vor einer Woche in den Urlaub gefahren war, und so automatisch Betriebsferien ausgerufen hatte, war Julia erst bewusst geworden, was ihr fehlte und sie hatte regelrecht lernen müssen, ihre Zeit mit  etwas anderem als Arbeit zu verbringen.
Die kleine Wohnung hatte nämlich kein Internet und die letzten Euro der Prepaid-Karte ihres neuen Handys waren für ein besonders anstrengendes Telefonat mit einem Kunden draufgegangen. Aber wen hätte sie anrufen wollen. Die Menschen, die ihr am nächsten gewesen waren, wollte sie auf absehbare Zeit nicht sprechen und seit ihre Eltern sie immer wieder bedrängt hatten, sich doch mit Mario zu versöhnen, hatte sie den Kontakt zu ihnen auch erheblich reduziert. Das letzte Mal hatte sie mit ihnen vor etwa drei Monaten gesprochen und das Gespräch war sehr kurz und erregt gewesen. Und am nächsten Tag hatte sie ihr altes Handynummer deaktiviert und sich eine neue Karte besorgt.
Es war nicht nur der Krach mit ihren Eltern gewesen, denn sie hatte auch vorher immer wieder Versuche der Kontaktaufnahme durch Mario erlebt. Doch sie war stets eisern geblieben und war nicht ran gegangen, wenn seine Nummer im Display stand, und hatte auch seine SMS gelöscht. Genauso wie die von Juliane.
Aber seit dem Handywechsel war damit Schluss und sie war froh, dass dieses Problem erst einmal gelöst war. Nicht gelöst war das Problem, was sie jetzt tun sollte und so beschloss sie einfach, das Altpapier runter zu bringen, dass sich im Gegensatz zum Hausmüll bereits wieder stapelte. Sie griff sich den gelben Jutebeutel, den sie für für Papierabfälle benutzte und schlüpfte in ihre weißen Sneaker.
Einige Minuten später war sie die zwei Etagen hinabgestiegen und passierte die lange Reihe mit Briefkästen, wo sie sah, dass ihr Briefkasten bis zum Bersten voll war mit Werbung, die bereits weit aus dem Briefschlitz herausschaute. Oh man, dachte Julia. Es ist immer das gleiche in dieser Ecke. Sie hatte schnell gemerkt, dass die Zeitungs- und Werbezusteller, die alten Häuser nutzten, um die ungeliebte Werbung loszuwerden, was dann immer auf Kosten der Mieter ging, deren Briefkästen aus allen Nähten platzten. Selbst auf dem Boden lagen einige Ausgaben des Hamburger Kiezboten. Diese Idioten könnten sie wenigstens in die Papiertonne schmeißen, ärgerte sich Julia, und stellte den Jutebeutel mit dem Papiermüll an die Wand, um den Schlüssel aus der Tasche zu holen. Sie schloss den Kasten auf und es war tatsächlich nichts als Werbung. Sie hätte das Zeug am liebsten auf die Erde gefeuert. Wenn ich jedes mal einen Cent kriegen würde, dachte sie, als ihr plötzlich einfiel, dass sie doch noch nach dem Namen ihrer neuen oberen Nachbarn schauen wollte.
Julia sah auf den Briefkasten ihrer Obermieter. Mit Filzstift hatte jemand in schnörkelloser Schrift 'Weißkopf' auf das Namensschild geschrieben. Das war vermutlich die Frau, mit der sie neulich geredet hatte wegen der lauten Musik und Julia fragte sich unbewusst, wie sie weiter hieß, und wie wohl die Namen der anderen waren.
Sie überlegte kurz, wozu das eigentlich wichtig war, bis ihr wieder einfiel, dass sie den Namen für eine Anzeige bei dem Vermieter oder dem Ordnungsamt gebrauchen konnte. Sie hatte eine Idee und guckte, ob ein adressierter Umschlag aus dem Briefkasten der Frauen schaute, was jedoch nicht der Fall war.
Sie zuckte mit den Schultern und schmiss die Werbung aus ihrem Briefkasten auf den dafür vorgesehenen Stapel, als ihr zwischen all den Zeitungen und Werbeprospekten auf dem Boden ein neuer Briefumschlag auffiel. Es war auch Werbung, doch sie sah eine aufgedruckte Adresse und für eine Sekunde wollte sie den Drang nachzuschauen ignorieren, doch dann siegte die Neugier. Sie hob den Umschlag auf, als es plötzlich in ihrem Nacken zu kribbeln schien.
"Hallo," hörte sie eine spöttische aber vertraut klingende Frauenstimme und fuhr erschrocken herum. Es war die Nachbarin, mit der sie damals schon gesprochen hatte. Groß und in einem kastanienbraunen Kostüm, stand sie in edlen Wildlederstiefeln auf der Treppe. Sie hielt eine karierte Stofftasche, mit offenbar Papiermüll, in der Hand und Julia hatte das Gefühl, dass ein leicht amüsierter Unterton in ihrer Stimme und ihrem Gesichtsausdruck lag. Sie ließ den Umschlag hastig fallen und versuchte ein unverfängliches Gesicht zu machen, doch sie merkte, dass Schamröte über ihre Wangen zog.
"Du bist doch Julia?", sprach die Frau jedoch freundlich weiter, bevor Julia etwas anderes sagen konnte, und nickte aufmunternd, "Julia Götz- oder Göthe, nicht?"
"J-ja Göthe, ich ...", begann Julia verlegen zu stammeln, da sie sich ertappt wusste, doch die Frau schien ihre Indiskretion zu übersehen.
"Wir haben einen Brief für dich aufgehoben," unterbrach sie Julia äußerlich scheinbar ungerührt und hielt ihr über das Geländer hinweg einen weißen Umschlag hin, "dein Briefkasten ist ja voll und wir dachten, besser mitnehmen, als einfach da liegenlassen. Ist scheinbar von der Verwaltung. Ich hab' leider vorhin vergessen, ihn dir zu geben."
"Danke, schon ok.", sagte Julia mit einem nervösen Lachen und griff vorgebeugt und mit gestrecktem Arm nach dem Umschlag, als die Frau ihn scheinbar wie zufällig ein Stück zurückzog. Sie lächelte spöttisch und Julia merkte, dass sie einen Schritt vortreten musste, um jetzt an den Brief zu kommen.
"'tschuldigung," stammelte sie instinktiv und trat näher.
Sie griff nach dem Brief und sah gleich das verhasste gelb-blaue MVM-Logo der neuen Vermietungsgesellschaft auf dem Umschlag. Es war wahrscheinlich wichtig und sie fragte sich kurz, was es diesmal war, als ein Räuspern sie aus ihren Gedanken rief.
"Ähm, danke nochmal," entschuldigte sich Julia etwas beschämt für ihre Unhöflichkeit, "vielen Dank fürs Abnehmen."
"Bitte.", sagte die Frau und lächelte, "immer gut, nette Nachbarn zu haben, die einem helfen."
"J-ja, klar," erwiderte Julia etwas schnell und gegen ihre momentane innere Überzeugung, "wenn ich mal was ..."
Sie hielt im Satz inne und ärgerte sich bereits darüber, doch es war zu spät.
"Oh, das wäre sehr nett," strahlte die Frau jedoch bereits und blickte auf Julias abgestellte Tasche mit dem Papiermüll, "ich hab' es tatsächlich etwas eilig und wenn du unser Altpapier mit raus nehmen würdest. Ich seh' gerade, dass du da ja auch noch was hast."
"Ähm, ja klar," sagte Julia zögerlich und lächelte höflich, obwohl sie sich innerlich darüber ärgerte. Sie wollte mit diesen Leuten eigentlich so wenig wie möglich zu tun haben und erst recht keine Freundschaften begründen. Aber vielleicht war es ja auch ein guter Weg, um ihre Obermieter etwas zur Rücksicht anzuhalten.
"Super, danke dir.", sagte die Frau und ging die letzten Stufen der Treppe hinunter, und stellte mit einem breiten Lächeln, die karierte Stofftasche neben Julias Beutel. Dann drehte sie sich um und ging mit schnellen Schritten zum Hauseingang. Als sie die schwere Eichentür öffnete, drehte sie sich jedoch noch einmal um und lächelte belustigt.
"Ach übrigens, mein Vorname ist Anja", sagte sie und schaute spöttisch zu dem ungefähren Ort, wo der verräterischen Umschlag lag, den Julia hatte fallen lassen, "wenn er dich so sehr interessiert."
Sie zwinkerte Julia noch einmal zu und verschwand durch die Tür nach draußen.
Und Julia blickte ihr halb verärgert, halb belustigt über sich selbst, hinterher und hob erst ihre und dann Frau Weißkopfs ... Anjas, korrigierte sie sich, Tasche auf und verdrehte die Augen.
Die karierte Tasche war randvoll und nicht nur nicht leicht, sondern sie war sogar irre schwer, und Julia fragte sich, ob wirklich nur Papier und nicht Blei darin war. Sie schob die Henkel etwas beiseite, um hineinzusehen, doch es schien tatsächlich nur gepresstes Papier zu sein. Doch gleich oben war zu ihrem Entsetzen die Pappverpackung eines Vibrators. Oh man, dachte sie, und grinste verlegen. Sie wollte die Verpackung ignorieren, aber sie war neugierig und blickte genauer auf das aufgedruckte Bild.
Es zeigte einen schwarzen Kunstpenis an dessen unterem Ende der Hodensack mit den Hoden angedeutet war. Eine Aufschrift verriet, dass es ein Vibrator der Marke "Bantu" war, der 20 Zentimeter lang und an der Basis 4 bis 8 Zentimeter dick war. Julia erschauerte ein wenig bei dem Gedanken, dass sie jetzt jemand kannte, der so ein großes Ding für Selbstbefriedigung benutzte. Sie wusste von einer Freundin aus ihrer alten Schulklasse, dass sie einen Dildo hatte, aber der war wesentlich kleiner gewesen und sie war sich nicht sicher, ob Katharina ihn überhaupt benutzte. Julia konnte sich das überhaupt nicht vorstellen. Sich von seinem Freund fingern zu lassen, oder selbst mit den Fingern in sich einzudringen, war eine Sache, aber sich extra ein Sexspielzeug dazu zu kaufen, hätte sie nicht nur leicht pervers, sondern auch absolut peinlich gefunden.
Ganz abgesehen davon, hätte sie dieses Monster nie ins sich hinein bekommen. Sie schüttelte unwillkürlich den Kopf und schniefte kurz auf. Sie hatte zwei Männer in ihrem Leben gehabt und keiner hatte einen auch nur annähernd so großen Penis gehabt. Marios Glied war 14 Zentimeter lang gewesen und sie hatte sich stets gut ausgefüllt gefühlt.
Aus irgendeinem Grund musste sie grinsen und Julia stopfte den Karton schnell wieder in die Stofftasche, wo er jedoch leider nicht mehr so hineinpasste, wie vorher.
Egal, dachte sie genervt.
Sie hatte jetzt keine Zeit, den ganzen Kram neu zu sortieren und das heruntergekommene Müllhaus war nicht weit. Sie packte die beiden Taschen und hob sie mit einem Ruck hoch, und machte sich auf in Richtung Müllhaus, dass auf der Rückseite des schmalen Hofes an die rückwärtige Häuserwand gebaut war.
Dort angekommen stellte sie fest, dass die blaue Papiertonne immer noch nicht abgeholt war und voller war als Anjas Tasche. Und sie außerdem nicht alleine war. Eine der türkischen Mieterinnen aus dem Nachbarhaus stand mit ihrem Sohn vor dem Glascontainer und befüllte diesen mit einer nicht enden wollenden Flut von alten Flaschen in allen erdenklichen Farben und Formen.
Für eine Sekunde hatte Julia überlegt, zu warten, bis die beiden verschwunden waren, um den verfänglichen Müll loszuwerden, aber die beiden sahen nicht aus, als wenn sie bald fertig wären. Und so entleerte sie einfach den Inhalt ihres Jutebeutel auf die Spitze der bereits übervollen Papiertonne, um dann die karierte Stofftasche der WG ihrer Übermieter einfach als ganzes hinterherzufeuern.
Doch als sie die Tasche auch wegwerfen wollte, hielt sie inne. Julia realisierte, dass es keine billige Wegwerftasche war und fragte sich, was sie tun sollte. Sie hätte sie am liebsten weggeschmissen, aber auf der Tasche war noch eine kleinere Außentasche und was war, wenn dort noch etwas wichtiges drin war. Sie ärgerte sich, dass sie in diese Situation gekommen war und jetzt einfach das Altpapier für ihre Nachbarn weggebracht hatte. So ein Mist, murmelte sie vor sich hin, aber sie wusste, dass sie die Tasche zurückbringen musste.
Sie entleerte daher den Inhalt so vorsichtig wie möglich und war beinahe fertig, als plötzlich passierte, was passieren musste. Der gesamte Stapel geriet ins Rutschen und ihr Papiermüll rutsche auf den Boden des Müllhauses.
Und Julia wurde rot, wie selten in ihrem Leben und stieß einen kleinen Schreckensschrei aus.
Eine Flut von alten Sexmagazinen, leeren Kondomgroßpackungen und neben dem Vibratorkarton von vorhin, noch zwei weitere ähnliche Packungen, verteilte sich auf dem Boden. Julia brauchte gar nicht hinzusehen, um zu wissen mit welchen Augen, die Türkin und ihr Sohn sie anstarrten.
Sie kniete sich hastig hin und sammelte den peinlichen Papiermüll auf, während hinter ihr die Türkin abfällig einige unbekannte Schimpfworte herauszischte und eines das sie kannte.
Schlampe.
Julia fuhr es siedend heiß über den Rücken und sie stopfte schnell den Müll in die Tonne und rannte davon, ohne sich noch einmal umzudrehen. Der Weg bis zum Haus kam ihr vor wie eine Ewigkeit und sie war froh, als die schwere Eichentür hart hinter ihr ins Schloß fiel.



3. neu

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Fortsetzung erwünscht? Was soll passieren? Schreibt mir.


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